Anlass – lang

Wer ein einziges Leben rettet, der rettet die ganze Welt.

– Talmud –

Es ist eine Geschichte von Mut, Hoffnung und Mitgefühl. Aber es ist auch eine Geschichte von Flucht, Heimatlosigkeit und Trennung – und kann gerade deshalb aktueller nicht sein. Das Theaterstück ALL THAT MATTERS erzählt von den Ängsten und Wünschen eines kleinen Mädchens, das sich unerschrocken auf die Reise in ein neues Leben macht. Und es zeigt, dass das Handeln eines Einzelnen einen riesigen Unterschied machen kann.

Der Krieg im Nahen Osten zerreisst auch unsere Gesellschaft. Mitgefühl mit den Opfern weicht allzu oft Schuldzuweisungen, Trauer und Schmerz machen dem Hass Platz. Autoritäres Denken, populistische und extremistische Bewegungen greifen schon länger um sich und stellen unsere demokratischen Grundwerte auf eine harte Probe. Jetzt spitzt sich die Situation noch weiter zu. In den Schulen und auf der Straße wird der Antisemitismus immer hemmungsloser propagiert. Umso wichtiger ist es, eindeutige Zeichen zu setzen und der Entwicklung von Hass, Geschichtsvergessenheit, und Antisemitismus entgegenzutreten. Nur wenn eine Mehrheit Haltung zeigt, kann dies gestoppt werden. Aber Haltung beginnt mit jedem Einzelnen.

Das neue Theater-Projekt der Frankfurter Schauspielerin und Theatermacherin Liora Hilb lenkt den Blick vor dem Horizont der gegenwärtigen Ereignisse auf die Vergangenheit – in der festen Überzeugung, dass unsere Gegenwart nur zu bewältigen ist, wenn die Vergangenheit lebendig bleibt. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand aber droht die Erinnerung an die Shoah zu verblassen. Sie zu bewahren, ist eine zentrale politische, pädagogische und künstlerische Aufgabe. Auch für das Theater.
Das Stück ALL THAT MATTERS erzählt die wahre Geschichte der zehnjährigen Vera Gissing. Im Jahr 1939 gelingt es dem jungen Engländer Nicholas Winton, die Flucht des jüdischen Mädchens aus der damaligen Tschechoslowakei nach England zu organisieren. Sie ist eines von 669 jüdischen Kindern, die er mit Kinder-Transportzügen auf diese Weise vor der Ermordung durch die Nazis rettet.

Ziel des Theaterprojekts ist es, den Kindern von heute von dieser Rettung zu erzählen. Die hoffnungsvolle Geschichte stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit in der Gegenwart und sensibilisiert zugleich für die Vergangenheit. Angesichts der moralischen Zerreißprobe, vor die die gegenwärtigen Kriege unsere Gesellschaft stellen, wird es zu einer drängenden pädagogischen Aufgabe, der Verunsicherung und Ohnmacht, mit der auch Kinder auf die Ereignisse reagieren, eine positive Erzählung gegenüberzustellen. Als Mahnung des Gestern an das Heute erzählt „ALL THAT MATTERS“ zwei berührende Geschichten, die inmitten des Schrecklichen Hoffnung machen: die Geschichte von Mut und Kraft eines kleinen Mädchens. Und die Geschichte vom Mitgefühl und Tatendrang eines jungen Mannes, der wie selbstverständlich und ohne heldenhaften Gestus zu handeln beschließt. Gerade deshalb ist es eine Geschichte für Kinder.